Die "Leipziger Lerchen", ein beliebtes und wohlschmeckendes Gebäck, sind lediglich ein süßer Trost für einen bitteren Verlust. In früheren Jahrhunderten fing man die echten Lerchen, wenn sie im Herbst und Frühjahr auf dem Zug nach oder von Süden durch Leipzig kamen, so daß in guten Jahren Zehntausende der Singvögel ihr Leben lassen mussten, um als gesuchter, fetter Leckerbissen in die Pfanne zu wandern.
Im Jahre 1720 verkaufte man an den sieben Innen- und Außentoren der Stadt insgesamt 404.340 Lerchen, nach damaliger Rechnung 6.724 Schock und eine Mandel. Man stellte fest, daß die bei Nacht gefangenen Tierchen fetter waren und wollte nur noch "Nachtlerchen" kaufen, bei denen sich eine Zugabe von Butter erübrigte.
Zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts mussten für ein Schock "Leipziger Lerchen" zwanzig Pfennige Abgabe entrichtet werden, daraus ergab sich für die Stadt eine jährliche Einnahme von fünfzehntausend Mark, was einem Fang von fünf Millionen Vögeln entspricht. Kein Wunder, daß endlich im Jahr 1876 auch die Lerche von der Liste der jagdbaren Tiere abgesetzt wurde, um ein völliges Aussterben der Art zu verhindern. Welcher Konditor auf den genialen Einfall kam, den Verlust durch seine Erzeugnisse auszugleichen, ist nicht mehr zu ermitteln.